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Gespräch mit Norbert Hannig, ehemaliger Pilot in der 6./JG54

Im Sommer 2007 lud Norbert Hannig mich zu einem Interview ein. Von 1943 - 45 war er Jägerpilot in der II./JG54. Nach dem Krieg war er in der Bundeswehr tätig, wo er als Oberstleutnant ausschied.
Hier sein militärischer Werdegang in der Wehrmachts-Luftwaffe:

27.03.1943: Versetzung von der Jagdgruppe West zur 5./JG54 (Standort Gatschina
                  bei Leningrad)
01.04.1943: Beförderung zum Oberfähnrich
20.04.1943: Umschulung auf Fw190A-4 in Heiligenbeil
01.04.1943: Beförderung zum Oberfähnrich
                  Einsätze um Leningrad
01.06.1943: Beförderung zum Leutnant; Einsätze bei:
                  - Kursk (Zitadelle); hier fiel einer seiner Brüder
                  - danach Südabschnitt der Ostfront, u. a. Einsatzplätze Kiew, Uman, Winniza
01.04.1944: Versetzung zur EJGr.Ost in Liegnitz
                  Incl. Einsätzen gg. Amerikanische Bombereinflüge
13.10.1944: JG54 (Tukkum, Kurland)
                  Temporär Staffelführer 1./JG54
01.11.1944: 6./JG54 (ehemals 5./JG54, Standort Libau-Grobin)
                  Einsätze im Kurland-Kessel
01.12.1944: Teilnahme am Verbandsführerlehrgang
12.04.1945: Umschulung auf Me262 bei der II./EJG2, Lager Lechfeld
22.04.1945. Versetzung zur 1./JG7
                   Einsätze gegen Bodenziele im Bereich Prag
Insgesamt erzielte Norbert Hannig in über 200 Feindflügen 42 Abschüsse.

 

Frage: Sehr geehrter Herr Hannig, erst einmal vielen Dank für die Gelegenheit zu diesem Interview. Wir möchten uns heute auf einige Detailfragen zu Ihrer Zeit bei der Luftwaffe beschränken. Hauptsächlich soll es heute um Themen gehen, die in Ihrem Buch „Luftwaffe Fighter Ace“ nicht behandelt werden.
Können Sie uns bitte ein paar Eindrücke aus Ihrer Ausbildung berichten?
Hannig: Unsere Ausbildung war noch sehr ausführlich und mit viel Theorie. In der Luftwaffe wurden auch nicht perfekt geeignete Kandidaten mitgezogen. Speziell im Vergleich zu der US Air Force fiel mir dies später auf. Die Amerikaner verfügten wohl über ausreichend Freiwillige, um knallhart sieben zu können.
Mein erster Fluglehrer war z.B. ein ehemaliger Bomberpilot, ausgezeichnet mit EK I. Der saß dann in der Bücker 181 neben mir. In so einer Maschine konnten Schüler und Lehrer direkt sehen, was der andere tut.


Frage: Nun zu Ihrer anderen Zeit an einer Flugschule: Im Sommer 1944 wurden Sie als Fluglehrer zur Ergänzungsjagdgruppe Ost in Liegnitz versetzt. Was ist Ihnen aus dieser Zeit besonders im Gedächtnis geblieben?
Hannig: Sehr auffällig war, dass es zwei Gruppen von Flugschülern gab, die zur Jagdfliegerausbildung kamen:
Einmal gab es die jungen Neulinge. Die hatten viel zu wenig Flugstunden, um wirklich gut mit den Maschinen umgehen zu können.
Auf der anderen Seite standen die ehemaligen Bomberpiloten. Diese beherrschten zwar Ihr Handwerk, aber nicht jenes eines Jägers: Sie waren gedrillt auf perfekten Verbandsflug und versuchten stets, nach Pinsel und Kugel zu fliegen. Sie wollten also auch „sauber“ fliegen, wenn es um Ausweichmanöver oder ähnliches im Luftkampf ging!
 

Frage: Kommen wir zu ein paar technischen Detailfragen, welche für die Leser interessant sind, die sich mit Flugsimulationen beschäftigen. Haben Sie während des Einsatzes die Kühlerklappen der 190 verstellt?
Hannig: Nein. Diese Klappen waren bei uns nicht beweglich. Kommentar: Ab der A-5 war hierzu eigentlich ein Mechanismus in Serie, aber z.B. beschreibt auch Eric Brown dass bei einer seiner 190A diese Klappen auf 1/3 fixiert waren.
 

Frage: Mussten Sie notlanden wegen technischer Probleme?
Hannig: Ja, einmal fuhr mein Fahrwerk nicht mehr aus und ich musste dann nach diversen Versuchen es auszufahren, auf dem Bauch landen. Es stellte sich heraus, dass der E-Motor der Fahrwerksmechanik beim Einfahren nicht ausgegangen war und anschließend verklemmte. Dies war während meiner Zeit in Liegnitz.
 

Frage: Die Focke-Wulf 190A hat ja eine automatisch eingestellte Propellersteigung etc. per „Kommandogerät“. Sind Sie die Maschine mit manuellem Prop-Pitch geflogen?
Hannig: Nein, ich persönlich nicht. Ich weiß aber, dass zum Beispiel Emil „Bully“ Lang dies im Steigflug verwendet hat, um mehr aus der Maschine herauszuholen. Er war ein „alter Hase“ und schon vor dem Krieg Pilot bei der Lufthansa.

Frage: Was waren die Geschwindigkeiten beim Landen?
Hannig: Eingeschwebt wurde mit ca. 145 km/h, aufgesetzt dann mit 120.
 

Frage: Gab es während des Einsatzes im Kurland-Kessel auch Maschinen mit MK108?
Hannig: Das weiß ich nicht mehr. Ich kann mich aber daran erinnern, dass einige Flugzeuge mit Raketen ausgerüstet waren. Kommentar: Das waren wahrscheinlich Maschinen vom SG3, welches zum Teil auch in Kurland stationiert war. Es wurden zwar auch einige Fw190-Jäger mit R4M ausgerüstet. Dies waren aber nur Einsatzversuche bei der Jagdgruppe 10 (LF Reich).
 

Frage: In Ihrem Buch beschreiben Sie einen Unfall, bei dem es zu einem Rohrkrepierer in einem MG151/20 kam. Können Sie dazu ein paar Details erzählen?
Hannig: Ja. In den Geschossen gab es einen Mechanismus, der die Munition erst nach dem Auslösen scharf machte: Das Geschoß bekam einen Drall um die eigene Längsachse. Durch die daraus resultierende Zentrifugalkraft wurden zwei kleine Kügelchen im Zünder nach außen geschleudert und die Zeit zur Selbstzerlegung begann zu laufen. In meinem Fall muss hier wohl Sabotage bei der Produktion im Spiel gewesen sein. Bei der Produktion wurden ja viele Zwangsarbeiter eingesetzt. Ich hatte großes Glück: Bei dem Rohrkrepierer wurde die Flächenwurzel schwer beschädigt, trotzdem kam ich sicher nach Hause.

Frage: Nun zu taktischen Themen: Was waren die Haupteinsätze im Osten?
Hannig: Meist flogen wir – je nach Feindlage - „freie Jagd“ in Rotte oder Schwarm. Später, in Kurland änderte sich dies wegen Spritmangel. Dort waren ja zwei Gruppen stationiert, eine in Windau und eine in Libau. Hier starteten wir meist im Alarmstart, also nur auf gemeldete Feindeinflüge.
 

Frage: Hatten Sie eigentlich richtig lange Luftkämpfe, sozusagen „Duelle“ mit sowjetischen Jägern?
Hannig: Nein, die meisten Luftkämpfe waren eher kurzer Art. Ein Angriff und wieder wegziehen, so was in der Art. Nur selten zogen sich die Kämpfe länger hin.
Ein Punkt, der mir in diesem Zusammenhang einfällt: Die IL-2 waren ja sehr schwer herunterzuholen. Eine Schwachstelle war jedoch Ihre Ölkühlung. Wenn der Kühler geschlossen wurde, war die Maschine zwar geschützt, aber der Motor überhitzte. Musste der russische Pilot den Kühler öffnen, flog er oft sehr tief, um so seinen Kühler gegen Angriffe von unten zu schützen.
 

Frage: Was zeichnete einen guten Jäger aus?
Hannig: Sehr wichtig - meist entscheidend - war die Fähigkeit, den Gegner zuerst zu sehen. Wir haben das oft ausprobiert beim Warten auf eigene Bomber, denen wir Geleitschutz geben sollten. Bully Lang zum Beispiel konnte solche Formationen auf >50km sehen, wenn sie auf gleicher Höhe anflogen.

Frage: Wurde Ihre Maschinen jemals im Luftkampf getroffen?
Hannig: Ja. Bei einem Einsatz von Liegnitz aus gegen amerikanische Bomber erhielt ich 21 Treffer. Bei einem Luftkampf gegen russische Jäger wurde einmal einer der oberen Zylinder getroffen. In Summe hatte ich ca. 250 Feindflüge. Bei den Einsätzen in Kurland kam es quasi jedes mal zu Feindberührung.
 

Frage: Ihre Memoiren wurden ja zuerst auf Englisch veröffentlicht und später auf Deutsch. Es gibt einige Unterschiede in den beiden Ausgaben, auf die wir gern eingehen würden. So ist zum Beispiel der historische Kontext im deutschen Buch aus Ihrer Sicht beschrieben und auch kommentiert. In der englischen Ausgabe fehlt dies.
Hannig: Ja, der englische Verleger war an einer reinen Darstellung des persönlichen Erlebens interessiert, daher wurde alles andere hier weggelassen.
 

Frage: Weiterhin gibt es eine Stelle, in der Sie beschreiben, wie Sie gegen Kriegsende bei München auf eine Kolonne von KZ-Häftlingen treffen….
Hannig: … Dazu möchte ich ein bisschen weiter ausholen: Diese Stelle ist in der englischen Version beschrieben mit all dem Grauen, das ich empfand und dem fürchterlichen Zustand, in dem diese Menschen sich befanden. Der Verlag, der die deutsche Version vermarktet, hat jedoch ohne mein Wissen diese Stelle geändert. Daher muss ich mich hier noch einmal distanzieren von der geschichtsverfälschenden Darstellung in der deutschen Ausgabe!
 

Frage: Als in der Bundesrepublik aufgewachsener (Jahrgang 1970) fand ich Ihre im Buch dargelegte Meinung und Einschätzung der politischen Lage und Entwicklungen sowohl der Zeit des Nationalsozialismus als auch der Gegenwart sehr interessant. Können Sie bitte zu der Zeit ´33-´45 hier etwas sagen?
Hannig: Grundsätzlich denke ich, ist es falsch diese Zeit ausschließlich als Verbrechen darzustellen. Gut war zum Beispiel die Idee der Jugendorganisation: Keiner der jungen Leute kam so auf die Idee, Rabatz zu machen, Autos anzuzünden. Auch Jugendkriminalität, Drogen etc. wurde dadurch sehr gut verhindert.
Bei der Demokratie sehe ich auch ein Problem: Sie wird von der Quantität der Stimmen, weniger von der Qualität der Köpfe bestimmt.
Nun ein bisschen zur Entwicklung vor dem zweiten Weltkrieg: Vor dem dt. Einmarsch in Tschechien haben die Franzosen und Russen zum Beispiel Flugplätze dort untersucht, sie wollten quasi die CSSR als „Flugzeugträger“ gegen Deutschland benutzen (Zitat des damaligen franz. Verteidigungsministers!)
 

Frage: Sehr geehrter Herr Hannig, zum Abschluss möchte ich mich für die Gelegenheit zu diesem Gespräch bedanken und wünsche Ihnen alles Gute!
 

Anmerkung: Norbert Hannig’s Memoiren wurden auf englisch und später auch auf deutsch veröffentlicht:
- „Luftwaffe Fighter Ace“, ISBN 1 904010 94 6
- „Was gilt denn unser Leben“, ISBN 978-3932381324

Ein Teil der Abschüsse von Norbert Hannig kann relativ leicht über Tony Woods "Claimlists" nachvollzogen werden und ist hier der Vollständigkeit halber aufgelistet:

Datum Uhrzeit Typ Ort
27.5.1943 8:55 LaGG-3 00 233: 3000m
22.7.1943 18:33 La-5 63 154: 1000m
22.7.1943 18:37 La-5 63 152: 1800m
30.7.1943 17:46 Il-2 10 453: 1400m
30.7.1943 16:54 LaGG-3 10 184: 1000m
4.10.1943 16:10 LaGG-3 NE Tschernobyl: 2500m
21.10.1943 15:01 Jak-7 WSW Yeu: 1200m
22.10.1943 9:15 La-5 S. Rzhyshchiv: 1000m
10.12.1943 12:37 Pe-2 NW Abuchov: 2000m
14.12.1943 09:10 Il-2 WSW Vinnizkiye: 50m
24.1.1944 10:33 Jak-9 90 571: 1500m
24.1.1944 10:35 Jak-9 90 543: 750m
24.1.1944 10:30 La-5 90 571: 1500m
7.3.1944 10:50 Pe-2 80 611: Tiefflug
19.3.1944 10:28 La-5 88 114: 300m
19.3.1944 10:30 La-5 88 141: 100m
  29.05.1944 ? P-51 östlich der Oder
17.10.1944 13:42 Il-2 27 536: 100m
22.10.1944 14:15 Pe-2 17 532: 1000m
27.10.1944 09:23 Il-2 07 634: 1100m
27.10.1944 15:06 P-39  17 862: 2500m
27.10.1944 13:22 P-39  17 679: 1000m
28.10.1944 12:27 P-39  17 488: 100m
30.10.1944 13:52 Jak-9 07 661: 2000m

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Diese Website wurde zuletzt aktualisiert 03.03.11